Lütt Moor

Nordstrand und Nordstrandischmoor Eines Morgens, als Uschi die Brötchen in der Rezeption abholte, wurde sie von Axel Bertram gefragt, ob wir schon Pläne für den Tag hätten. Jeiiiin, warum? Ob wir Lust auf einen Ausflug nach Lütt Moor hätten? Nach wo? Na, nach Nordstrandischmoor, die Hallig, die zur Gemeinde Nordstrand gehört. Frau Mölck, die den Vortrag am Donnerstag gehalten hatte, wolle mit den Gästen ihrer Pension “Nis Puk” dorthin fahren und würde interessierte Wohnmobilisten mitnehmen. Wir bräuchten auch nicht selbst zum Treffpunkt zu fahren, es gäbe genug PKW. So eine Chance muss man natürlich ergreifen! So wurden wir mit dem Stellplatzbus, der sechs zusätzliche Sitzplätze hat, chauffiert. Es gibt drei Möglichkeiten, die Hallig Lütt Moor, wie sie von den Einheimischen genannt wird, zu erreichen: 1. zu Fuß durch das Wattenmeer, Lorendamm nach Lütt Moor2. per Lorenbahn und Adler-Schiff 3. mit einem Schiff der Adler-Flotte. Eine Wattwanderung schied wegen der fortgeschrittenen Jahreszeit und anderer Gegebenheiten aus, die Lorenbahn darf nur Arbeiter und Halligbewohner sowie Urlauber (es gibt drei Ferienwohnungen dort) befördern.
LorenbahnLorenbahn

Die circa 180ha große Hallig Nordstrandischmoor liegt nördlich von Nordstrand. Ursprünglich war Lütt-Moor (= kleines Moor), wie Nordstrandischmoor auch genannt wird, ein Hochmoor auf der ehemaligen Insel Strand. Es wurde hier Torf abgebaut. Nach der Sturmflut von 1362, bei der die Insel Strand zerstört wurde, war dieses Moor dem Meer ausgesetzt und überschlickte. Auf der damals 500ha großen Hallig entstanden 16 Warften und sogar ein Kirche wurde gebaut. Bei der Weihnachtsflut von 1717 wurde viele Häuser und die Kirche zerstört. Übrig blieben 4 Warften, die auf einem stets weiter zusammensackenden Moorboden stehen. Heute leben auf der Hallig in drei Häusern 24 Menschen, davon 9 Kinder. Die schulpflichtigen unter ihnen werden auf der Schulwarft in einem gemeinsamen Klassenzimmer von einem Lehrer parallel unterrichtet. Nachdem die Kirchen auf der Hallig immer wieder zerstört wurden, dient jetzt der Schulraum auch als Raum für den Gottesdienst.

Lütt MoorSchulwarftSchulwarftSchulwarft

Nach unserer Ankunft wurden wir von einem der jüngeren Bewohner, einem 14-jährigen jungen Mann, mit Trecker und Viehanhänger über die Hallig gefahren. Viehtransport ;-)Immer wieder stiegen wir aus, liefen ein paar Schritte und bekamen von Frau Mölck interessante Erläuterungen zu Küstenschutz, Deichpflege, Sturmfluten, Überflutungen, Landgewinnung etc… Zum Beispiel gibt es jedes Jahr im Sommer “Pensionsschafe”, die vom Festland auf die Hallig gebracht werden, um dort das Halliggras kurz zu halten und den Boden der Salzwiesen zu befestigen.

LüttMoorSalzwiesenKüstenschutzLüttMoorKüstenschutz durchLahnungenKüstenabbruch

Es ist sehr viel Arbeit damit verbunden, die Halligen zu erhalten und man muss wohl besonders “gestrickt” sein, um so viele Entbehrungen und Unbequemlichkeiten freiwillig auf sich zu nehmen. Mehrmals im Jahr, besonders in den Wintermonaten, ist “Land unter”. Die Warften wurden im Laufe der Jahrzehnte immer weiter erhöht, seit der letzten großen Sturmflut von 1962 gibt es laut Gesetz in jedem Haus im Obergeschoss einen sturmflutsicheren Schutzraum in Stahlbetonbauweise. Dort müssen die Bewohner ausharren, bis die Sturmflut vorbei ist, denn weder auf dem Seeweg noch durch die Luft könnten sie evakuiert werden. Ebenfalls erst seit den 1960er-Jahren werden die Halligen vom Festland durch Wasserleitungen mit Trinkwasser versorgt. Bis dahin musste für Mensch und Tier Regenwasser gesammelt werden, das immer wieder entweder zu verdunsten oder zu versalzen drohte. Strom gibt es auf Lütt Moor auch erst seit 1975!

Obwohl seit 1926 auf dem Friedhof der Hallig keine Beerdigungen mehr stattfinden, ist er durch einen umlaufenden Schutzgraben gut erhalten und kann begangen werden. Es ist ein besonderer Friedhof mit flach in den Rasen gelegten Grabsteinen, so dass diese bei Sturm nicht umwehen können.

FriedhofGrabsteine

Die Halligbewohner haben unseren vollen Respekt für ihre Entscheidung, das Land ihrer Väter und Vorväter trotz der großen Gefahren und Strapazen nicht verlassen zu wollen. WIR könnten und wollten so nicht leben. So schön und idyllisch es uns an diesem Ausflugstag bei Sonne, Wolken, Wind auch erschien.

Wolken, Wind und MeerLütt Moor

written by Ingrid
photos taken with iPhone and with Canon EOS 600D

P.S.: Wie immer könnt ihr die Fotos durch anklicken auf Originalgröße bringen und den Fototext lesen, wenn ihr den Mauszeiger auf das Foto führt.

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2 Gedanken zu “Lütt Moor

  1. WOW – sehr interessant dieser Beitrag!
    Ja – die Menschen dort lieben ihr Land und würden es niemals verlassen! Auch ich finde das bewundernswert – es wäre auch nichts für mich!

    Liebe Grüsse belle

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