Es geschah am 5. Juli 1968. Der spanische Bauer Javier Cortes arbeitete auf einem seiner Äcker. Was genau er machte, entzieht sich unserer Kenntnis. Vielleicht wollte er eine neue Tränke für sein Vieh bauen. Oder einen neuen Brunnen graben. Auf jeden Fall ist er ca. 30-40cm tief ins Erdreich eingedrungen und stieß auf Mauerreste. Archäologische Untersuchungen ergaben, dass es sich um die Überbleibsel einer römischen Siedlung handeln musste. Javier Cortes stellte sein Land zur Verfügung (hoffen wir mal für ihn, dass er das nicht kostenlos tat) und die professionellen Ausgrabungen begannen im großen Stil. 1984 wurde ein erstes funktionelles Gebäude errichtet, das über die Jahre im Zuge der Freilegungen ständig erweitert wurde bis zum heutigen Stand. Ein Museum mit dem Namen „Villa Romana La Olmeda“. Auch hier zahlten wir wieder nur den Rentnerpreis von lächerlichen €3 und bekamen ganz viel dafür geboten!
Villa bedeutet im Spanischen sowohl Villa als auch kleine Stadt und ein Zwischending war dieser Ort wohl. Bestehend aus einem großen Haupt- und einem kleineren Nebenhaus. Allein das Haupthaus hatte eine Größe von ungefähr 3000qm (!), es war quadratisch und hatte in der Mitte einen von Galerien umgebenen Garten. An den Nord- und Südfassaden befand sich je ein Portal, das von Türmen flankiert wurde, achteckig an der Süd- und quadratisch an der Nordfassade. Der Hauptzugang zum Wohnhaus erfolgte durch das Südportal und direkt vor dem Haus sind noch die Fundamente zweier Säulen erhalten. Es handelte sich um ein prächtiges Gebäude, bestehend aus zwei unabhängigen Teilen, die durch einen Gang verbunden sind. Es diente den Besitzern als Wohnung und zusätzlich gab es noch Räume für Bedienstete und Siedler sowie Lagerräume, Ställe, Arbeitsräume. Insgesamt 31 Räume sind erhalten und bei zweien gibt es Reste einer Treppe in ein weiteres Stockwerk.
Westlich des Hauses befanden sich die Bäder mit einer Gesamtgröße von über 900qm, aufgeteilt in 10 Räume. Das waren Umkleideräume, Toiletten, Kaltwasserzonen, Warm- und Heißwasserbereiche. Der größte Raum hatte 170qm!
Hier und in anderen Räumen des Hauses kann man sehr gut sehen, wie ausgeklügelt die Beheizung der einzelnen Räume war mit unterirdischen Warmluftkanälen (Hypokaustum). „Hypokaustum“ ist von dem griechischen Wort hypocauston abgeleitet und bedeutet „von unten beheizt“ (hypo = von unten, kaustum = brennen) und meint eine schon 2000 Jahre vor Chr. (!!!) im griechisch-hellenistischen Raum eingeführte und durch die Römer weiterentwickelte Warmluftbeheizung. Hier ist eigentlich der Ausdruck „Warmluftheizung“ nicht richtig, weil in den Räumen keine warme Luft zirkuliert, sondern die Strahlungswärme des Fußbodens und der Wände genutzt wurde. Auf einem Estrich standen in regelmäßigen Abständen aus Ziegeln gemauerte kleine Pfeiler, die den eigentlichen Fußboden trugen. Dieser bestand aus mehreren Schichten Estrich auf Ziegelplatten. Meist wurde dieser Boden mit Mosaiken prächtig ausgestattet. Um Wärme zu gewinnen, gab es, meistens im Freien, Brennöfen, in denen Holz verbrannt wurde. Die Wärme wurde von den Öfen durch kanalartige Röhren unter den Fußboden geleitet. Der störende Rauch zog durch kaminartige Schächte aus Hohlziegeln durch die Wände ins Freie. Der Holzverbrauch muss enorm gewesen sein!
Die Zeitepoche dieses Anwesens geht in den Anfängen auf das Ende des ersten, Anfang des zweiten Jahrhunderts zurück und Mitte des 4. Jahrhunderts muss es dann den jetzigen Stand gehabt haben. Die römische Kultur war wirklich beeindruckend!
Noch nie haben wir so viele gut erhaltene Mosaike gesehen! In jedem der freigelegten Räume war ein anderes Muster verlegt worden.
Der Hauptsaal der Wohnstätte war 175qm groß und mit einem Mosaikboden versehen, der einem Perserteppich ähnelte. Drei verschiedenen Darstellungen waren hier verarbeitet worden, eine bewegte Jagdszene, ein mythologisches Thema und als Einfassung eine Reihe von ovalen Medaillons, die von den Flügelspitzen entenartiger Vögel hängen, deren Schwänze sich in einen Delphin verwandeln. Auf den Medaillons befindet sich abwechselnd ein männliches und ein weibliches Gesicht, es wird vermutet, dass es sich um die Familiengalerie der Besitzer des Hauses handelt.
Die einzelnen Mosaiksteinchen haben übrigens eine Größe von ca. 1 Kubikzentimeter!!!
Insgesamt sind über 1400qm Mosaikboden erhalten und damit zählt die Mosaiksammlung von La Olmeda zu den grössten, die in öffentlichen Gebäuden zu finden sind. Ihre Bedeutung liegt aber nicht nur in der Menge, sondern in der Qualität ihrer Ausführung sowohl in der geometrischen als auch in der bildhaften Form. Man kann sich so richtig vorstellen, von welchem Begeisterungstaumel in den nächsten die Archäologen bei jedem weiteren Fund geraten sein müssen, vor allem, als ihnen immer klarer wurde, was für eine großartige und in ihrem Wert unschätzbare Entdeckung Javier Cortes da gemacht hatte. Natürlich existiert von ihm auch ein nachgestelltes Foto!
Wir waren schwer beeindruckt! Ich liebe ja Mosaike in jeglicher Form. In der näheren Umgebung unseres bevorzugten Campingplatzes in Spanien, in Oropesa del Mar, gibt es eine Vielzahl von Mosaikbänken, Mosaikmauern und anderen Mosaikbauwerken. Während unserer Winteraufenthalte dort hatte ich es mir zur Aufgabe gemacht, sie alle zu fotografieren. Es sind „nur“ 469 Fotos geworden. Eine kleine Auswahl habe ich damals zu einem Fotoalbum zusammengestellt. Es ist auf unserem Oscarlotta-Blog zu finden, in der Menüleiste unter „Fotoalben“.
Am Ende dieses wirklich äußerst interessanten lebenden Museums gab es dann noch eine „Spielecke“, die aber sicher nicht nur Kindern Spaß macht!
written by Ingrid
photos taken with iPhone
P.S.: Wie immer könnt ihr die Fotos durch anklicken auf Originalgröße bringen und den Fototext lesen, wenn ihr den Mauszeiger auf das Foto führt.