Die beiden Neuankömmlinge in Cadillac sortierten sich, nachdem alle PKWs den Platz verlassen hatten, neben uns ein, mit sehr geringem Abstand. Aber das störte uns nicht weiter, wir wollten sowieso nur einen Stadtrundgang machen und dann weiterfahren.
Das nächste Ziel hieß Créon in der Nähe von Bordeaux. Wir checkten auf dem ACSI-Campingplatz „Bel Air“ ein. Von dort konnte man per Bus nach Bordeaux fahren und das hatten wir vor. Uns wurde eine Parzelle zugewiesen, die sich als etwas schlammig herausstellte. Die anderen sahen allerdings auch nicht viel besser aus, waren noch dazu schief. Die wenigen geschotterten Plätze waren belegt. Nun ja, für zwei Nächte würde es schon gehen. Dafür waren die Sanitäranlagen sehr schön. Und wir brauchten mal wieder ein WLAN, für Updates und um den aktuellen Blogbeitrag hochzuladen. In Boxi ging zwar nichts, aber es gab neben der Rezeption einen „Clubraum“, groß, mit bequemen roten Sitzbänken, Tischen und Stühlen und richtig schnellem Internet, kostenfrei.
Am nächsten Mittag nahmen wir den Bus nach Bordeaux. Es kam nur eine Abfahrtzeit für uns in Frage, 12:54 Uhr. Davor, um 8:24, stand gar nicht zur Diskussion und danach, um 17:34, wäre zu spät gewesen. Aber 12:54 war für mich ja geradezu ideal! Die Haltestelle war direkt am Campingplatz, der Bus war pünktlich und leer, die Fahrt kostete hin und zurück €4,20/Person. Ziemlich preiswert für jeweils fast eine Stunde Fahrzeit. Wir fuhren über die Dörfer! Und natürlich an diversen Winzereien vorbei, die alle irgendetwas mit „Château“ hießen. Schon auf der Fahrt von Cadillac nach Créon gab es rechts und links der Straße nichts anderes mehr als Weinberge und -felder. Aber wo soll der Bordeaux auch wachsen, wenn nicht hier!?
Die Stadt Bordeaux hielt nicht, was wir (ich) uns versprochen hatten. Lag es am Wetter, das etwas regnerisch war? Irgendwie sprang kein Funke über, obwohl es durchaus nette Ecken und Details gab.
Vielleicht sind wir auch schon verwöhnt und eine eher “normale” französische Stadt reicht uns nicht mehr? Uschi war sie sowieso zu groß und zu quirlig war sie uns beiden. Hängt das mit dem Alter zusammen? Wir liefen die Haupteinkaufsstraße einmal rauf und einmal runter, machten den einen oder anderen Abstecher in Seitenstraßen, einen Café au lait gab es auch und wir fütterten die Tauben mit Krümeln einer der leckeren französischen Rosinenschnecken, dann aber entschieden wir relativ spontan, den nächsten Bus zu nehmen. Wir beeilten uns, auf der Pont de Pierre die Garonne zu überqueren, um ihn nicht zu verpassen.
An der Bushaltestelle standen sehr viele junge Leute, offensichtlich Schüler, alle so 16 bis 18 Jahre alt. Unsere Linie 404 kam mit etwas Verspätung, der ganze Pulk strömte zur vorderen Tür. Aber dann ging es nicht etwa zügig voran, sondern ausgesprochen schleppend. Die Schlange der wartenden Jugendlichen wurde nur im Zeitlupentempo kürzer. Was war da los? Auffallend war, dass alle ganz geduldig und ohne zu murren draußen standen. Wir standen zu weit hinten, um sehen zu können, was im Inneren des Busses passierte. Aber nach ca. 10 Minuten waren auch wir so weit vorgedrungen (ein netter junger Mann ließ uns sogar noch den Vortritt), dass wir das Schauspiel aus nächster Nähe mitbekamen. Eine sehr taffe, sehr modisch gekleidete, jüngere Busfahrerin kontrollierte akribisch bei jedem Eintretenden den Fahrausweis. Vielleicht stellte sie auch Dauerkarten aus, auf jeden Fall dauerte es ewig. Das Schuljahr hatte ja gerade erst angefangen. Der Bus war eher ein Reisebus als ein Bus des öffentlichen Nahverkehrs, es gab so gut wie keine Stehplätze. Nach uns waren noch vier oder fünf Sitze frei und draußen standen noch einige Wartende. Die Fahrerin lief durch den ganzen Bus und kontrollierte, ob alle Plätze besetzt waren, wies ein Mädchen, das stehen wollte, darauf hin, dass sie sich setzen müsse, was diese auch tat, sichtlich nicht begeistert, aber ohne ein Widerwort. Ich glaube, die Kids kannten diese resolute Busfahrerin. Als auch der letzte Platz besetzt war, schloss sie die Tür und der Bus fuhr mit zwanzigminütiger Verspätung ab. Die Zurückgebliebenen brauchten nur noch 10 Minuten auf den nächsten Bus zu warten! Jetzt verstanden wir auch, warum in unserem Busfahrplan, den wir vom Campingplatz bekommen hatten, erst dieser nächste Bus gelb gemarkert war.
Über Mikrofon kam nach kurzer Zeit die unmissverständliche Aufforderung, sich anzuschnallen und fast alle der Jugendlichen taten es. Wir kamen uns vor wie früher auf einem Schulausflug! Zwei Klassenstärken waren vertreten, der Bus ein Reisebus, rundherum nur Jugendliche. Und wie diszipliniert es zuging! Kein Geschrei, kein lautes durch den Bus rufen, jeder unterhielt sich leise mit seinem Nachbarn oder hörte Musik. In deutschen Schulbussen sieht das etwas anders aus! Lag das daran, dass diese Schüler schon älter waren? Oder ist die französische Erziehung anders als die deutsche?? Wir waren auf jeden Fall schwer beeindruckt. Nach und nach stiegen die Schüler wieder aus. Die Fahrerin öffnete nie die hintere Tür, auch die, die ganz hinten saßen, mussten durch den ganzen Bus nach vorne laufen, um dort auszusteigen. Wenn sie zu früh dort ankamen, bekamen sie die Anweisung, sich noch kurz auf einen der inzwischen freien Plätze zu setzen, bis der Bus stand. Kaum einer ging grußlos, die Fahrerin nickte stumm und ohne eine Miene zu verziehen. Uns hätte sie dann fast vergessen, obwohl außer uns nur noch zwei weitere Personen im Bus waren, wir die einzigen Erwachsenen gewesen waren, bis zum Campingplatz gelöst hatten und auch rechtzeitig den Halteknopf gedrückt hatten. Nur weil sie in den Innenspiegel schaute und uns schon stehen sah, gelang es ihr noch, ihren Bus ein paar Meter hinter der Haltestelle zum Stehen zu bringen. Und da wir jetzt ja einen längeren Weg zurück hatten, durften wir tatsächlich hinten aussteigen!!! Wir bedankten uns und bekamen den Anflug eines Lächelns zurück.
CRÉON/BORDEAUX; Campingplatz „Bel Air“ mit 64 Parzellen auf Wiese/Lehmboden/Schotter, teilweise schattig; Bordeaux zu erreichen per Bus ab dem Campingplatz (pro Fahrt 1 Std.); Restaurant, Schwimmbad, Kinderspielplatz, kostenfreier WLAN-Punkt; mittlere Preiskategorie, ACSI-Vergünstigung (€17) vom 26. Aug. bis 5. Dez. und vom 9. Jan. bis 6. Juli; ganzjährig geöffnet; Mietunterkünfte
written by Ingrid
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