Ich wundere mich sehr über die spanischen Sommertemperaturen! Meine Bedenken, im Sommer, wenn auch gegen Ende, nach Spanien zu fahren, waren ja recht hoch, da ich Hitze nicht mag und nicht vertrage. Aber bisher hatten wir nur zwei, drei Tage, an denen es richtig heiß war – und die nicht am Stück. Überwiegend war es sehr angenehm sommerlich warm und nach einem heißen Tag kühlte es immer gegen Abend erträglich ab. Am Mittelmeer oder in der Landesmitte von Spanien sieht das sicherlich anders aus. Aber da sind wir ja nicht!
In Potes jedenfalls ging es uns nach dem heißen Nachmittag abends schon wieder gut und für den nächsten Tag waren akzeptable Temperaturen vorhergesagt. Wir wollten uns dieses alte Bergstädtchen anschauen. Das war vom Campingplatz aus zu Fuß erreichbar, es gab sogar einen Wanderweg abseits der Straße dorthin. Allerdings immer in der Sonne! Ich war etwas skeptisch, aber risikobereit. Der Vormittag begann erstaunlich kühl! Um 11 Uhr waren wir bereits unterwegs und liefen frohgemut immer bergab, hinter uns die wunderschönen Picos de Europa.
Nach 20 Minuten hatten wir Potes erreicht. Das erste Haus, das uns durch seinen üppigen Blumenschmuck auffiel, war eine Ferreteria. Wir lieben die spanischen Ferreterias, eine Mischung aus Eisenwarenladen, Haushaltsladen und in diesem Fall noch Souvenirgeschäft. Regalos heißt übrigens nicht Regale, sondern Geschenke!
In Ferreterias bekommt man in der Regel alles, was das Herz begehrt, von Nägeln, Schrauben, Werkzeug aller Art über Angelzubehör, Kleinmobiliar, Elektrogeräte bis zu Besteck, Töpfen und Paellapfannen in allen denkbaren Größen. Vor Jahren haben wir dort einen der typischen spanischen Kettenvorhänge gekauft, die (außen) vor vielen spanischen Haustüren hängen, um im Sommer, wenn man die Türen auflässt, die Fliegen abzuhalten. Zu dem Zweck hatten wir in Oscarlotta eine Fliegenschutztür zum Schieben. Die war uns allerdings schon im zweiten Jahr kaputt gegangen und damals auf Garantie ersetzt worden. Als die Gummifäden, durch die der Gazestoff sich verschieben lässt, zum zweiten Mal rissen und ein Austausch des Rahmens arbeitsaufwändig und um die 300 Euro teuer sein sollte, kamen wir auf die Idee mit den spanischen Vorhängen. Wir haben es nicht bereut! Tagsüber werden Fliegen und Wespen durch die ständige Bewegung der Kettenglieder gut abgewehrt, abends bei Innenbeleuchtung würden Mücken allerdings sicher den Weg nach innen finden. Aber entweder man sitzt im Sommer sowieso draußen bis es dunkel wird oder es ist (im Winter in Spanien) um 18 Uhr dunkel und man macht die Tür zu. Wir haben den Vorhang dann übrigens noch optimiert, indem wir im Internet Ausgleichskettenglieder bestellt haben, die, an jedem zweiten Strang montiert, für eine Versetzung sorgen und die Löcher noch kleiner machen.
Aber zurück zu Potes! Die kleinste Paellapfanne musste mit und eine Zitronenpresse aus Glas, wie ich sie aus meiner Kindheit kenne.
Danach liefen wir auf ein imposantes Gebäude zu. Es stellte sich als Torre del Infantado heraus, ein Wohnturm, der im 15. Jahrhundert von der Familie eines Markgrafen bewohnt wurde und heute als Rathaus dient. Die ursprünglichen Bewohner mit ihrer damals üblichen Bekleidung begrüßten uns!
Durch Potes fließt der Fluss Quiviesa und an beiden Ufern, unten wie oben, gibt es eine Menge Restaurants und Bars.
Wir hatten noch nicht gefrühstückt und wären nicht abgeneigt gewesen, ein kleines Mittagessen zu uns zu nehmen. ABER, wir sind in Spanien! Mittags um halb eins etwas essen? Vielleicht sogar warm? Völlig unmöglich!!! Normalerweise haben wir ein „Notbrot“ dabei, aber nicht, wenn wir in ein Städtchen gehen. Zum Glück gab es, wie in Spanien üblich (allerdings normalerweise nicht zum Kaffee) ein Tellerchen mit Oliven und gesalzenen Nüssen als Zugabe und so gestärkt hielten wir es noch eine Weile aus. Und der Ort entpuppte sich dann als so sehenswert, dass wir unseren Hunger erst einmal vergaßen. Hier ist alles noch so erhalten, wie seit Jahrhunderten existent. Früh hat man wohl die Chancen des Tourismus erkannt, sodass alle Häuser gut gepflegt sind. In den Geschäften gibt es zwangsläufig natürlich die üblichen Touristenverkaufsartikel, aber das haben wir anderswo schon schlimmer erlebt.
Und endlich war spanische Mittagessenszeit! Die Geschäfte schlossen um 14 Uhr – drei Stunden Siesta – um dann von 17–19 Uhr wieder zu öffnen. Schlagartig wurde es noch voller in den Strassen und die Lokale füllten sich. Mit Glück ergatterten wir einen Tisch vor einem Café und hatten ungehinderte Sicht auf das Kommen und Gehen. Ein paar Meter weiter quetschten sich Busse und PKW aneinander vorbei, die Straße durch den Ort ist schmal. Entsprechend schmal war auch der Arkadengang, in dem wir saßen, sodass auch da sich die Fußgänger zwischen den Tischen hindurchzwängen mussten. Aber so etwas stört allenfalls deutsche Touristen, keinesfalls spanische Urlauber!
Wir bestellten Kaffee und spanischen Kuchen. Mit spanischem Mittagessen haben wir als Vegetarier so unsere Probleme, auch wenn die Preise der meist dreigängigen Menüs für deutsche Verhältnisse unschlagbar sind.
Und dann blieb uns nichts anderes übrig, als in der Mittagshitze den Weg zurück zum Campingplatz anzutreten, schattenlos und bergauf!!! Im Schatten war die Temperatur immer noch sehr erträglich gewesen, aber jetzt wurde es doch heftig! Schritt für Schritt kämpften wir uns nach oben, jeden Baumschatten für eine kleine Verschnaufpause nutzend.
Mit ausreichend Flüssigkeit hatten wir uns eingedeckt und zum Glück war es nicht so erdrückend heiß wie am Tag zuvor. Diesmal brachte der Wind etwas Abkühlung. Trotzdem waren wir – auch Uschi – froh, als die Einfahrt des Campingplatzes in Sicht kam. Duschen, umziehen, Stühle in den Schatten stellen, Beine hochlegen, Aussicht genießen!!!
written by Ingrid
photos taken with iPhone
P.S.: Wie immer könnt ihr die Fotos durch anklicken auf Originalgröße bringen und den Fototext lesen, wenn ihr den Mauszeiger auf das Foto führt.