Festung Louisbourg/Fortress of Louisbourg/Forteresse-de-Louisbourg

Wir mussten umziehen auf einen anderen Campground – Saisonende am Lake. Aber wir wollten sowieso noch nach Louisbourg, uns die Festung ansehen. Der erste Campingplatz war schon geschlossen und es sah so aus, als ob nicht nur für den Winter. Der zweite war geöffnet und gefiel uns. Er ist so angelegt wie in Deutschland die Stellplätze, quadratisch, praktisch, gut. Trotzdem kostet die Nacht umgerechnet 27 Euro, allerdings incl. Strom. Die Parzellen sind nicht allzu groß und in der zweiten Nacht hatten wir dann, obwohl der Platz fast leer war, das “Glück”, dass sich ein Kastenwagen aus der Schweiz (mit Schiebetür!) direkt etwas versetzt hinter uns stellte. Da wir unsere Tür ja hinten haben, stiegen wir quasi bei ihm im Vorgarten aus Boxi aus! Zum Glück fuhren die Leute am nächsten Tag weiter und vergaßen auch noch ihre Auffahrplatten. Beides gefiel uns, denn wir hatten unsererseits bereits einen Auffahrkeil irgendwo liegengelassen. Wir steckten sie ein und betrachteten es als “Schmerzensgeld” für die Lärmbelästigung. 😎

RV Park LouisburgRV Park Louisburg

Louisbourg wurde ab 1719 von den Franzosen als befestigte Stadt erbaut, mit sieben Festungsanlagen und mehreren hundert Gebäuden. Im “Frieden von Utrecht”, der 1713 den spanischen Erbfolgekrieg beendete, musste Frankreich Neufundland sowie den größten Teil Akadiens an Großbritannien abgeben. Île Royale (heute Cape Breton) und Île Saint-Jean (heute Prince Edward Island) blieben die einzigen französischen Besitzungen in Kanadas heutiger Atlantikregion. Haupterwerb war damals die Kabeljaufischerei vor Neufundland. Sie bescherte der Region einen gewissen Wohlstand und Louisbourg entwickelte sich zu einem blühenden Handelszentrum, das Waren aus Frankreich, Québec, der Karibik und Neuengland importierte.

Louisburg um 1740Louisburg um 1740

Das entfachte Gelüste und auch die französische Lebensart war ein Dorn im Auge der puritanischen Neu-Engländer. Schon kurz nach der Fertigstellung, 1745, wurde die Stadt von den Briten mit 8400 Mann und 100 Schiffen belagert. Der Hafen war zwar gut zu verteidigen, aber landeinwärts konnten die wichtigsten Befestigungsanlagen von niedrigen und teilweise bedenklich nahen Hügelketten aus eingesehen werden – ideale Standorte für die Geschütze der Belagerer. Nach 46 Tagen war die Festung gefallen. Nur drei Jahre später wurde Louisbourg im Aachener Frieden an die Franzosen zurückgegeben, mit dem Ergebnis, 1758 ein zweites Mal belagert zu werden. Ein britische Armee, die mit 16000 Mann und 150 Schiffen angriff, eroberte die Stadt in sieben Wochen. Um zu verhindern, dass Louisbourg jemals wieder ein befestigter französischer Stützpunkt würde, wurden Festung und Stadt dem Erdboden gleich gemacht. 1928 wurde das Gelände zur National Historic Site deklariert. Niemand sah sich veranlasst, die Trümmer zu beseitigen, aber viele der Mauersteine, Ziegel und Holzschindeln sind im Laufe der Jahrzehnte abtransportiert und woanders wiederverwertet worden, beim Aufbau des modernen Louisbourg und sogar bis nach Halifax. Quelle: http://www.canada4you.de/

Louisburg oder was davon übriggelassen wurdeLouisburg, eine vergessene Stadt

Wir liefen also auf blutgetränktem Boden! 1961, also 200 Jahre später, begann die kanadische Bundesregierung ein 25-Millionen-Dollarprojekt, bei dem etwa ein Viertel der ursprünglichen Stadt und ihrer Befestigungen wiederaufgebaut wurde. Gebäude, Innenhöfe, Gärten und Straßen wurden so hergerichtet wie sie in der Zeit um 1740, vor der ersten Belagerung, aussahen. Beschäftigt wurden arbeitslos gewordene Minenarbeiter, die umgeschult wurden und bei den Ausgrabungen wurden nicht nur die Grundmauern freigelegt, sondern auch viele originale Einrichtungsgegenstände gefunden und rekonstruiert. Darüberhinaus gab es an die 750000 Seiten an Schriftmaterial sowie rund 500 Karten und Baupläne in Archiven Frankreichs, Englands, Schottlands, der Vereinigten Staaten und Kanadas, die den originalgetreuen Wiederaufbau ermöglichten. Für diesen Aufwand und für das sehenswerte Ergebnis erstaunte uns die Höhe der Eintrittsgebühr von nur € 4,00/Person! Das war allerdings der Nachsaison-Rentnerpreis, im Sommer wird es um einiges teurer sein. Wir buchten gleich noch eine einstündige Führung für lächerliche €2,60/Person dazu und gingen davon aus, dass wir durch die Anlage geführt würden und Erklärungen bekämen. Dem war aber nicht so. Die Stadtführerin versammelte uns auf einer Wiese und erläuterte eine geschlagene halbe Stunde die politische Lage, die wirtschaftliche Lage, warum Krieg und wie, stellte Fragen an die zunehmend gelangweilt Herumstehenden und machte Späßchen. Dann wurde der Standort um ein paar Straßenzüge verlagert und sie dozierte weiter.

Louisburg und die Schafe

Hatte ich mich vorher schon zum Schafe fotografieren entfernt, so beschlossen wir jetzt, 15 Minuten vor dem Ende der “Führung”, auf eigene Faust loszulaufen. Wir kamen in’s Gespräch mit einer Bäckersfrau, einem Handwerker und einem Soldaten, konnten in mehrere Gebäude hineinschauen (alle waren nicht mehr auf) und bekamen einen guten Eindruck von den Lebensbedingungen der damaligen Zeit.

BäckersfrauHandwerkerKöchin?oder Waschfrau?oder?HandwerkerHandwerkerHandwerker

Die Soldaten z. B. hatten 24-Stunden-Dienste und mussten in ihrer Freizeit meist noch an den Befestigungsanlagen arbeiten. Sie “wohnten” in Unterkünften mit vier Doppelstock-Doppelbetten, also 16 Mann pro Raum. Gewaschen wurden nur das Gesicht und die Hände, eine Doppel-Latrine gab es im Keller. Die wachhabenden Soldaten neben den Eingangstoren schliefen oder ruhten, wenn sie gerade keine Wache schieben mussten oder wenn keine Gefahr drohte, auf nicht sehr komfortabel aussehenden Holzpritschen.

Wachhäuschen/Torhauswacheschiebende(r) Soldat(in)Holzpritschen (Kaminheizung)Wachdienstwachhabende(r) Soldat(in)Stube für 16 Mannheizen und kochenDoppelbett (für 2 Soldaten!)Gewehre etc.Er fragte uns, was wir in seinem Schlafzimmer wollten ;-)Hausschuhe???Soldaten beim ExerzierenBefestigungsmauern und Zugang zu den KatakombenBrennholzvorräteAbflusssystemDas "stille Örtchen"

In den Sommermonaten bevölkern heute über 100 “Bürger” die Stadt. Studenten und Einwohner der Umgebung stellen in der Kleidung des 18. Jahrhunderts Soldaten, Handwerker, Bauern und Fischer dar. Wir sahen leider nur noch wenige von ihnen. Das Wetter spielte zum Glück mit, es war zwar grau und sah bedrohlich nach Regen aus, blieb aber trocken. Zu den Farben der Gebäude und zu der schon etwas herbstlichen Stimmung passte der Farbton des Himmels perfekt. Am nächsten Tag regnete es und wir waren sehr froh, die mehrere Kilometer lange Baustellen-Umleitungsstrecke aus rotem Sand/Lehmgemisch im Trockenen gefahren zu sein. Die Mobile, die am nächsten Abend auf den Campground gefahren kamen, sahen nicht mehr ganz frisch aus!

Und jetzt gibt es nur noch Fotos (Texte, wie auch oben, per Mauszeiger lesbar)!

Festung LouisburgKirchturmspitzeGouverneurshausArbeitszimmer und KartenraumWohnraum des GouverneursKücheSchlafstelle der KöchinVerhandlungsraumDas Bett des Königs, wenn er zu Besuch weilteLouisburgLouisburgDie Gärten von LouisburgDer Hahn von LouisburgLouisburgLouisburgLouisburgDie Kämpfer von LouisburgDas "Unschuldslamm" von LouisburgLouisburgLouisburgLouisburgLouisburg Der Weinkeller von LouisburgVorratshaltungSeile und TaueFestung LouisburgFestung LouisburgFestung LouisburgFestung LouisburgFestung LouisburgFestung LouisburgFestung LouisburgFestung LouisburgFestung LouisburgPorte Frédéric (Tor zum Hafen)Festung Louisburg

written by Ingrid
photos taken with iPhone

P.S.: Wie immer könnt ihr die Fotos durch anklicken auf Originalgröße bringen und den Fototext lesen, wenn ihr den Mauszeiger auf das Foto führt.

2 Gedanken zu “Festung Louisbourg/Fortress of Louisbourg/Forteresse-de-Louisbourg

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